Ans Komite____(Archiv) + Tellicherri 16 Febr 1845. Empfangen Sie den gerührten Dank unserer gesammten Station; Br Hebich (der gerade auf ein Fest nach Payawur abgeht, am Fuß der Kurg Gebirge) wünscht sich uns im Danken anzuschließen - dafür daß Sie uns die lieben Geschwister Müller wieder gegeben und einen nun bald jährigen Druck von unseren Herzen genommen haben! Es ist vom Herrn und wir danken Ihm für die Gabe. Wir hoffen daß Sie nie Ursache haben werden zu bereuen daß Sie unsern Bitten haben Erhörung zu Teil werden lassen. Wir danken Ihnen auch für die Rüge, die wir als aus väterlichem Herzen geflossen annehmen konnten und erkennen auch die Bestimmung eines Probejahrs als von der Vorsicht für des Herrn Werk und die Ehre der Mission geordnet, dankbar an. Möge Er den Geist der Kraft, Liebe und Nüchternheit reichlich über uns ausgießen, daß wir auch in diesem Jahr Früchte tragen mögen fürs ewige Leben! Am 26 Decbr hat mir der Herr ein Töchterlein geschenkt, die Br Irion mit dem Namen Christiane taufte. Ohne für die Zukunft sorgen zu wollen, nehme ich mir nun die Freiheit, Sie um Erlaubniß zu einer Rückreise ins Vaterland, sage im Frühjahr 1846, anzugehen. Ich will geradezu sagen, wie ich mir das jetzt denke. Wenn Frau Irion einmal in die Arbeit eingewohnt ist und der Herr sie gesund erhält, wie es allen Anschein hat, dürfen wir nicht fürchten, sie zu sehr zu belasten, wenn wir sie bitten mit den andern Kindern auch unsere 2 Mädchen zu übernehmen. Dann können wir auch wagen mit den 2 Knaben um Genehmigung einer overland Reise zu bitten. Wir würden dann etwa 2 Sommer in Europa zubringen und im Herbst 1847, nachdem wir die beiden Söhne dem Großvater übergeben haben, nach Indien zurückkehren. Alles dieß freilich so der Herr will und wir leben. Dem beigelegten (siehe 2 Beilagen) über den Tranquebar Brief ließe sich noch manches zusetzen, aber da es als Urteil über fremde Arbeit auftreten müßte, schreibe ich meine Ansicht lieber hieher: das Katechisten-Unwesen ist wirklich im Tamilland einer Rüge wert geworden! Es ist zB in Prop. Soc. Stationen der Fall daß der Katechist alles tut (aber wie?) Der Missionar tauft. Bekehrte Missionare sind nicht mit Sicherheit auf allen Stationen nachzuweisen. Und auch Halbbekehrte lassen fast alles in des Katechisten Hand. Brdr Rhenius hatte immer den Blick aufs große Ganze, sein mantri wie man ihn hieß der listige David brachte dem arglosen, geraden Manne eine ganze Ladung von verwandten Kastenchristen ins Amt; verdeckte ihre Fehler, erzog sich eine Partei und brachte einen tiefen innern Schaden in die Mission. In seinen letzten Monaten scheint Br Rhenius mit den Katechisten so geprüft worden zu sein, daß er einige mal ausrief: Wie lange soll ich noch bei euch sein! Aber das System gab sich dort wie von selbst: 2 Missionare, eine Menge Schulen im Land herum, in diesem und jenem Dorf Leute die christlichen Unterricht wollten; was tun, man mußte ihnen Personen schikken, die sie das christliche ABC lehrten. Ehe das eintrat, war Rhenius viel weniger gebunden, daher frisch zu predigen und alles selbst zu tun. Nach der großen Ausdehnung des Geschäfts änderte sich das in etwas von selbst: er kannte zwar seine Schafe, aber manche Wölfe in Schafskleidern, konnte er nicht mehr kennen lernen. Seit die Tinneweli Provinz zerteilt ist, wird in einigen Distrikten wie es scheint etwas Neues vorbereitet, der Missionar enger mit den nächstwohnenden bekannt und dem Kastenteufel zu Leib gegangen, in andern kommt lebloses Kirchenwesen auf. Aber der Hauptschaden muß nun einmal als fixirt angenommen werden: es sind dort Namenchristen im Katechisten Amt, werden als gute Christen geehrt und können kaum mehr hinausgedrückt werden. Die kirchliche Mission will durch bessere Erziehung im Madras Institut aufhelfen. Aspiranten für ein native Ministry werden freilich erzogen, aber alles wird immer mehr amtlich als geistlich. Daß in den Cavery Missionen irgendwas Großes durch Katechisten oder sonst getan worden wäre, ist mir nicht bewußt. So viel ich höre sind sie eben noch immer gewaltig tot und rühmen sich des sel. Schwartz. Die Neyer und Nagercoil Missionen haben ganz Rhenius' System, aber weil sie der Einwanderungen von Tantschur Christen überhoben blieben, weniger Kastenelend. In Quilon und Trevandrum sind Katechisten aus der Nagercoil Mission, und Malayalis (sogar Ungetaufte) aber ohne das stetige System von Tinneweli, sie sind vielmehr herumgehende Verkündiger als stationäre Prediger. Cottayam und Mavelicara haben keine Katechisten, um dem syr Priesterwesen keinen Anstoß zu geben. Was dort getan wird, tun die Missionare (und zB ein assistant Missy, ein Syrer). Die Madras Katechisten haben zum Teil große Verantwortlichkeit auf sich weil dortige Missionare ihre Zeit leicht zu viel verteilen müssen. Es geschieht aber nichts großes durch sie. In den Bekehrungen durch die freechurch school scheinen die ersten Hoffnungen für eine rechte Predigt in Madras aufzugehen. In den Telugu Stationen thun die Missionare fast alles; wo sie tamil gehülfen haben, richten die wie beim kanaresischen Volk wenig aus. Ich habe nur von wenigen tüchtigen telugu Bekehrten gehört und von keinem der eine Gemeinde unter einem Missionar beaufsichtigte. Jetzt ists aber vielleicht anders geworden. Uns Ihrer Fürbitte empfehlend Ihr gehorsamer H Gundert. Beil 1) Da Br Mögl. mir sein Konzept der Antwort auf den Zeitungsartikel geschickt hat, kann ich mich kürzer fassen als ich in den zuerst geschriebenen Noten im Sinn hatte 1) Ich stimme bei die Weiber in Indien sind nicht so frech etc. S. Beil 1) 2) Was für die indischen Frauen zu tun sei: (auch Beil. 1). In diesem Artikel ist bei der Abschrift einiges gekürzt.) So z. B. sollte es heißen: "Könnte man einführen daß die Weiber auch waschen, so wäre es noch besser. Jetzt geht alles durch die Kaste der Waschleute, die manchem Neubekehrten Not machen. Natürlich müssen die Weiber kochen und die Kinder behüten, soll das aber ihre ganze Zeit wegnehmen? Von den geputzten Wasserziehen weiß der liebe Brdr was zu sagen - hat er aber auch die faulen Reden dabei gehört? Ich bin schon fast verzweifelt etc. 3) Den sel. Rhenius betreffend noch ein Wort: Laß' sein, er war englisch (vielleicht etwas Zwingli'sch, jedenfalls nicht rationalistisch) dem Kopf nach; was mehr gilt, in Herz und Tat war er gut lutherisch. Es ist eine Schande für uns Deutsche, daß wir so langsam sind was groß ist zu ehren, und jeder Neuling hat schon nach ein paar Tagen Hörensagens sein Urteil getrocknet und ausgelegt. Da kommt einer und spricht von "Geist" der sich am Ende ganz verflüchtige und hat noch nie gerungen, geschwitzt und dem HErrn aufgewälzt wie Rhenius. Weiß er, wie lange sein noch frischer spiritus die Last und Hitze des Tages aushalten wird? Sei er auch der geduldigste in Deutschland, ist er schon gewiß, daß ihm Klima und Teufel und so vieles nicht in wenig Jahren nervös, unlittig und ungenießbar machen? Wer, der Augen hat, hat nicht an Rhenius ein gesundes, kindlich offenes, immer grünendes Leben gefunden, an dem sich der schwache und gedrückte aufrichten konnte ohne viel Umstände. Rhenius war freilich kein lutherischer Theologe, das erklärt sich durch seine Erziehung, die erst im Drang der Missionsarbeit eine bestimmte theolog. Farbe annahm. Er war dabei tatkräftiger Verstandesmensch, ohne Anlage zur Gnosis oder Mystik, wie seine Bibelübersetzung manchmal verrät, auch nach seinen Liedern zu schließen, so korrekt prosaisch, daß es einen wundernehmen muß, wie die Tamilchristen Fabricius' Gesänge den seinen hintansetzen lernten. Aber wo finden wir bald wieder seine Offenheit, Zugänglichkeit, seine Kraft und Gewandheit Seelen anzufassen und festzuhalten! Ans Komite. _____(Archiv) +________________________Tellichery 16 Febr 1845. 1) Ich stimme bei, die Weiber in Indien sind nicht so frech als zB öffentliche Dirnen in London. Man wird nie von Huren angefallen etc. Ist man einige Jahre in Indien gewesen, so ändert sich der gute Eindruck den etwa solche Tatsachen machen mögen, gewaltig. Die Weiber sind zu verschämt sich aufzudringen, aber Mittelspersonen (Männer) gibts genug die von Kuppelei leben. Auch hierin wie in allem andern kann das Weib nicht selbständig handeln - sie sind nicht frech, aber ausgeschüttet wie Wasser. Mir zB als noch ledigem Missionar wurden Vorschläge zur Hurerei von ganz unbekannten Männern auf der Straße gemacht. Ich weiß von einem christlichen Prediger der durch Knechte zu Fall gebracht wurde, von christlichen Beamten die der Versuchung unterlagen und die meisten jungen Europäer die nicht durchs Christentum geschützt sind, leben in Hurerei. Die Not aller älteren Missionare mit ihren Christen - diesen einen Punkt betreffend - ist etwa die Hälfte aller ihrer Not. Jüngere sehens eben nicht. Es gibt auch bewahrte Männer und Frauen, aber die meisten die Christen werden wollen, sind so tief vergiftet daß der heil. Geist vielfach von ihnen betrübt werden kann, ohne daß sie merken woran es eigentlich fehlt, bis vielleicht ein väterliches Wort oder Gottes Gnade die schauerlichen Bekenntnisse herauslockt und dann durch die Offenbarung endlich Scham entsteht. Was vollends von Heiden sagen, nichts als daß sie diese Sünde verrichten wie natürliche Bedürfnisse dh. im Stillen und nachher weder Reue noch Scham. Ohne Wort ist ein Wink genug, den ersten Einfall zur Vollziehung zu bringen. Ich spreche aus leidigen Erfahrungen. Einmal in C. hieß es gegen eine Frau im Taufunterricht, sie habe einem Arbeiter "ein Betelblatt gegeben." Sie gestands, ich aber verstand nicht was das heiße, aber das malitiöse Lächeln der Knechte machte mich stutzig und schwere Erfahrungen in der Folge zeigten daß eine Blume oder Betel gegeben, auf derselben Matte sitzen, in lichtlosen Zimmern sich begegnen, nach Sonnenuntergang anreden etc für zureichenden Grund gilt eine Anklage auf crimen* eon* zu beweisen. Auf der Westküste kommt dazu daß zB die Kaste der Nayer ihre Weiber unbesehen an Brahmanen abtreten, die Mogayer die ihren an Mapilla, die Tier-Weiber ohne Kastenverlust Europäern beiwohnen etc. Das Sprichwort ist: "keinem Weib zu trauen." Die Worte können nicht genau gegeben werden - kurz das Weib soll immer brennen und nur ein Wer und Wo sei erforderlich die ununterbrochene Lust zur Tat zu bringen. Vater und Bruder seien vor ihr nicht sicher. Warum nicht mehr wie früher 2te Heirat gestatten? Antwort gewöhnlich: Die Weiber würden bei jedem neuen Gelüste ihre Männer vergiften. Hurerei, Ehebruch wurden in gewissen Fällen bezahlt mit 1/5 Rup oder 1/10 Rup mit einer Jackfrucht, ja mit einer Mango. Denkt ein Mann ans Christwerden so ist seine erste Angst: was werden die Weiber im Hause sagen. Denn in Folge vernachlässigter Erziehung sind sie die bigottesten Anhänger des Götzendienstes, die ärgsten Stützen der alten Ordnung. Hindujünglinge haben hierüber vor etlichen Jahren im Christian spectator die genauesten Details geliefert, die der liebe Trankebar Brdr wohl nicht so schnell zu berichten im Stande sein wird. 2) Was für die indischen Weiber zu tun sei? Das sagt der liebe Brdr so ziemlich zu meiner Befriedigung. Hohe Gelehrsamkeit habe ich noch in keiner Mädchenschule gefunden doch schon manche gesehen. Es ist schon nicht möglich, man mag wollen oder nicht. Die meisten Mädchen werden gar jung verheiratet und wegen 2-3 führt man sie nicht ein. Gute Missionsfrauen, Wittwen - ältere Jungfrauen. Arbeiten hilft viel, feinere Arbeiten zum Lebensunterhalt. Spitzenmachen hat manches Mädchen in Nagercoil und Tellich in Stand gesetzt mit gehörigem Fleiß die ganze Familie zu ernähren. Unsere Schule hat mehrere hundert Gulden reinen Gewinn von Spitzenmachen, Strikken, nähen lehren, daß sie sich sittsame Kleider machen. Sie sollten waschen lernen. Jetzt geht alles durch die Wäscherkaste was manchem Neubekehrten Not macht. Wie viele faule Reden bei den geputzten Wasserzieherinnen! Ich bin schon fast verzweifelt mit unerzogenen tamil und malay. Weibern die getauft werden wollten, aber fast keines and. Gedanken fähig waren als die sich auf möchte fast sagen tierische Instinkte und Bedürfnisse bezog.